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Historisches Stadttheater

Geschichte des TheatersAnhangtechnische AngabenHistorische Ausstattung

Wichtige Ereignisse

(Detail)1563 | Bau des Rathauses; dahinter entsteht ein Getreidespeicher (»Getreidekasten«)

(Detail)1791 | Eröffnung des Theaters

(Detail)1790 | Ratsherr Franz Xaver Dörr beantragt den Umbau des Getreidekastens zum Theater

(Detail)1875 | Einbau einer zweiten Loge (1947 entfernt)

(Detail)1928 | Neuer Vorhang mit Ansicht der Stadt Grein

(Detail)1947 | Restaurierung des Theaters

(Detail)1956 | Die Dilettantengesellschaft, Hauptnutzer des Theaters, löst sich auf

(Detail)1964 | Die Schauspielerin Hilde Günther entdeckt das Theater und gründet die Greiner Sommerspiele

(Detail)1977 | Renovierung des Theaters

(Detail)1991 | Neugründung der Dilettantengesellschaft

(Detail)1993 | Generalsanierung und Restaurierung

Geschichte

Dilettanten fordern ein Theater

Das Theater der Stadt Grein an der Donau ist ein wahres Stadttheater. 1791 wurde es von den Bürgern für die Bürger eingerichtet, und das nicht nur für die zuschauenden, sondern auch für die Theater spielenden Bürger, denn die treibende Kraft hinter diesem Unternehmen war die örtliche »Dilettantengesellschaft«. Diese Laienspielgruppe bestand schon länger und benötigte für ihre Aufführungen endlich einen passenden Rahmen. Auch durchreisende Theatertruppen hatten Interesse an Gastspielen in Grein angemeldet, konnten aber nur in aufgelassenen Kirchen spielen. So war allen geholfen, als der Stadtrat am 30. November 1790 folgenden Beschluss fasste:

»Gegenstand: Der Ratsherr Franz X. Dörr beantragt den Umbau des Getreidekastens im hiesigen Rathaus zu einem ständigen Theater. Herr Dörr referiert, dass der Getreidekasten auf dem hiesigen Rathaus füglich und mit nicht grossen Unkösten zu einem Theater umgeschafft werden könne, wodurch nicht allein dem hiesigen armen Institut als auch der ganzen Bürgerschaft aller Nutzen zugeführt werden kann, da bereits durch wenige Jahre [der Existenz der Dilettantengesellschaft] derselben und dem Institute bey 1100 Gulden zugeflossen, auch eine schöne Garderobe davon bereits angeschafft worden. Die wenigen Unkosten könnte die Stadt und dem Armen Institute nach und nach aus den eingehenden Komediengeldern zurück ersetzt werden. Schluss: Das Theater aus dem Getreidekasten herzustellen und den Boden auf die Mauern zu erhöhen wird gegen deme Verwilliget, dass aus den eingehenden Komediengeldern nach und nach die Ausgaben der Stadt vergütet werden sollen.«

Interessant ist, dass der Antrag überhaupt nicht kulturpolitisch begründet wird, sondern rein ökonomisch argumentiert: Die Einrichtung des Theaters werde die Stadt zwar zunächst etwas kosten, doch dafür bekomme die Stadtkasse und die Armenpflege auch die Einnahmen aus den Aufführungen, sodass die Auslagen in Kürze ersetzt und die Stadt anschließend einen Profit machen werde. Finanzieller Gewinn durch ein Theater – welcher Stadtrat würde dazu nein sagen? Und welches Theaterensemble konnte so etwas anbieten? Natürlich nur die Laienspieler, die auf Einnahmen nicht angewiesen waren. Der Stadtrat aber machte dies zur Regel: Auch wenn eine professionelle Truppe im Theater auftrat, ging die gesamte Kasse zunächst ins Rathaus. Dort wurden dem Theaterunternehmer und der Armenkasse ein gleicher Anteil ausgezahlt, während die Stadtkasse 80% der Einnahmen behielt. Ein lohnendes Geschäft.

 

Die Verwandlung des Getreidekastens

Ort des Geschehens ist der Getreidekasten, ein mehrstöckiges Lagerhaus, das sich direkt an das Rathaus von 1563 anschließt. Hier wurde Getreide zwischengelagert, denn Grein war ein Umschlagplatz für die Donauschifffahrt. Die zweite Einnahmequelle der Stadt war das Lotsengewerbe, von dem das Stadtwappen ein beredtes Zeugnis ablegt: In der Mitte eines Schiffes steht ein Lotse und zeigt den Ruderern an, wie sie durch die Felsen und Strudel navigieren sollen. Als sich im 18. Jahrhundert die wirtschaftlichen Verhältnisse änderten, wurde der Getreidekasten langsam überflüssig. Und so befindet sich nun seit 220 Jahren das Theater darin und hat die Zeitläufe fast unbeschadet überstanden. Damit ist es das älteste erhaltene bürgerliche Theater Österreichs. Verschwunden ist die originale Kulissenbühne, die bei einer der zahlreichen Renovierungen einer moderneren Bühne Platz gemacht hat. Der Zuschauerraum aber gibt ein gutes Bild davon, wie ein Theater einer kleinen Stadt Ende des 18. Jahrhunderts ausgesehen hat. In einen rechteckigen Saal ist eine U-förmige Galerie eingebaut. Neben der Bühne befindet sich üblicherweise links und rechts je eine Loge – in Grein ist es nur eine; zwar kam um 1875 auf der gegenüberliegenden Seite das Pendant dazu, es wurde aber 1947 wieder demontiert. Die weiße Decke weist in der Mitte eine dekorative Bemalung auf, die einen Entlüftungsschacht verbirgt. Eine Bordüre folgt dem Verlauf der Galerie, um sie optisch nach oben abzuschließen. Die Bordüre scheint aus Stoff zu sein, ist aber aus bemaltem Holz, wie auch die Vorhänge der Loge.

Glatte, mit Ölfarbe gestrichene Holzsäulen tragen die Galerie. Die Brüstung ist in quadratische Felder unterteilt, in deren Mitte je ein Stern aus Leimgips prangt, umrankt von einer leicht verschnörkelten Verzierung. Und diese ist tatsächlich goldfarben. Auch in einem bürgerlichen Theater, das die Stadt nichts kosten sollte, wollte man auf Gold nicht verzichten. In der Mitte der Brüstung befindet sich das Stadtwappen, wie auch in der Mitte des Portalbogens. Bemerkenswert sind die ersten Stuhlreihen. Wer schon immer einmal wissen wollte, was eigentlich »Sperrsitze« sind, hier kann er sie im Original sehen: eine Reihe Klappsitze, deren Sitzfläche im hochgeklappten Zustand abschließbar ist. Den Schlüssel nahm der Abonnent des Stuhls mit nach Hause, und so konnte niemand außer ihm diesen Sitz benutzen, auch wenn er einmal nicht zu einer Vorstellung erschien.

Das Greiner Theater besitzt von dieser Rarität drei komplette Reihen. Eine weitere Überraschung verbirgt sich hinter dem Vorhang in der Mitte der linken Seitenwand. Hier befindet sich der »locus secretus«, die Toilette. So geheim war sie aber gar nicht, denn der Besucher konnte seinen Kopf durch den Vorhang stecken und die Vorstellung weiterverfolgen, während er sein Geschäft verrichtete. An der gegenüberliegenden Seite befand sich einst ein vergitterter Durchbruch zu einem weiteren, im Theater eher unüblichen Ort: dem Gefängnis. Die Gefängniszelle mit ihrem Ausguck war bereits Teil des Rathauses, bevor der Getreidekasten in ein Theater umgewandelt wurde. Und so kamen auch die Häftlinge in den Genuss der Theateraufführungen. Das Publikum soll ihnen Kleinigkeiten durch das Gitter zugesteckt haben, denn sonst fingen die Häftlinge an zu randalieren und störten die Vorstellung so lange, bis sie ihre Naturalien bekamen. Auch das eine Form von Theater …

Ein Programm für alle

Und so birgt das kleine Stadttheater noch manches Überraschende. Auch der älteste erhaltene Theaterzettel ist ausgestellt. Er datiert von 13. Januar 1793. Das war zwei Jahre nach der Einweihung des neuen Theaters, die sich nicht genau datieren lässt. Sagen kann man allerdings, dass die Dilettantengesellschaft ihr neues Theater  gut zu nutzen verstand. In der ersten Zeit gab sie circa 15 Vorstellungen im Jahr. Diese waren so populär, dass ein Theaterunternehmer, der das Theater zufällig zur selben Zeit bespielen wollte wie die Dilettanten, vom Rat abschlägig beschieden wurde. Im Laufe der Jahre gab es mal mehr Dilettantentheater, mal mehr professionelle Truppen zu sehen. Auf dem Programm standen Komödien und Schauspiele, später auch Operetten und gelegentlich sogar eine Oper. Nach dem Zweiten Weltkrieg verloren die Greiner das Interesse daran, selbst Theater zu spielen, und so löste sich die Dilettantengesellschaft 1956 auf. Da war es ein Glück, dass die Wiener Prinzipalin Hilde Günther das Theater für sich entdeckte und ab 1964 alljährlich die »Greiner Sommerspiele« organisierte. Dieses Festival, an allen Wochenenden im Juli und August, zieht Besucher nach Grein, und das bis heute, denn inzwischen gehen die »Greiner Sommerspiele« auf ihr 50-jähriges Jubiläum zu. Im Herbst gehört das Theater dann wieder den Dilettanten, die sich 1991 neu gegründet haben. Darüber hinaus hat das Theater eine neue Funktion als Ausstellungsstück gefunden, als Teil des Stadtmuseums, das im alten Rathaus eingerichtet wurde. So kann es heute fast täglich besichtigt werden.

 

Historisches Stadttheater ∙ Stadtplatz 7 ∙ 4360 Grein ∙ Österreich
Theaterdirektion: Tel.: +43 (0) 7268 7730 ∙ www.stadttheater-grein.at
Information/Buchung: Tourismusverband Grein ∙ Tel. +43 (0) 7268 7055 ∙ E-Mail: info.grein@oberösterreich.at

Besichtigung: Mo–Sa 9–12 und 14–18 Uhr, So 14–16 Uhr (Mai–Okt.) ∙ täglich öffentliche Führungen, Gruppen auf Anfrage

 

 

Autor: Carsten Jung

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